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Bakterielle Angina: Wie entsteht sie?

Bei der Angina tonsillaris handelt es sich um eine Entzündung der Gaumenmandeln, die am häufigsten durch Viren, aber auch durch Bakterien hervorgerufen wird. Hier erfahren Sie, warum es wichtig ist, eine bakterielle Angina von einer viralen zu unterscheiden, welche Behandlungskonsequenzen sich daraus ergeben und mit welchen Folgen Betroffene zu kämpfen haben können!

Woran erkennt man eine Angina, die bakteriell verursacht worden ist?

Das Aussehen der Mandeln kann auf eine bakterielle Infektion hindeuten, es handelt sich aber meistens nur um einen unsicheren Hinweis. Gerade die Angina tonsillaris durch das Epstein-Barr-Virus sieht einer bakteriellen Angina zum Verwechseln ähnlich, weshalb diese auch häufig fälschlicherweise mit einem Antibiotikum behandelt wird.

Die Verabreichung eines Aminopenicillin-Antibiotikums führt jedoch bei Epstein-Barr-Virus-Infektionen oft zu einem Hautausschlag, sodass die Diagnose in diesem Fall anhand der versehentlich falsch gewählten Therapie gestellt werden kann. Um zu entscheiden, ob eine Testung auf eine bakterielle Infektion sinnvoll ist, wurden zwei Scores entwickelt. Diese Scores erfassen die Wahrscheinlichkeit, mit der eine Angina bakteriell von Streptokokken verursacht wurde.

Scores für die Unterscheidung einer viralen Tonsillitis von einer durch Streptokokken

Meistens verläuft eine Angina tonsillaris, die durch beta-hämolysierende Streptokokken ausgelöst wurde, genauso harmlos wie eine virale. Da aber schwerwiegende Folgeerkrankungen entstehen können, wird allgemein empfohlen, eine solche Angina tonsillaris mit Antibiotika zu therapieren.
Für Patienten ab dem 15. Lebensjahr wurde der Centor-Score entwickelt, der sich aus vier Kriterien zusammensetzt. Jedes erfüllte Kriterium gibt einen Punkt:

– Körpertemperatur über 38 °C
– kein Husten
– Schwellung der Lymphknoten am Hals
– geschwollene Mandeln oder Flüssigkeitsabsonderung der Mandeln

Ab drei Punkten sollte ein Rachenabstrich mit Schnelltest beziehungsweise Bakterien-Kultur in einer Petrischale erfolgen. Die Wahrscheinlichkeit, dass bei drei Punkten eine Streptokokken-Tonsillitis vorliegt, beträgt etwa 30 bis 35 Prozent, bei vier Punkten beläuft sich die Vortestwahrscheinlichkeit auf 50 bis 60 Prozent.

Der McIsaac-Score beinhaltet einerseits dieselben Kriterien wie der Centor-Score, modifiziert die Wahrscheinlichkeit jedoch nach Alter. Ein Alter von drei bis 14 Jahren erhöht den Score um einen Punkt, im Alter von 15 bis 44 Jahren verändert sich nichts und bei Menschen, die 45 Jahre oder älter sind, wird sogar ein Punkt abgezogen.

Wie wird eine Angina, die bakteriell bedingt ist, behandelt?

Die grundlegende Therapie einer bakteriellen Tonsillitis unterscheidet sich nicht von der einer viral bedingten: viel Trinken, körperliche Schonung, abschwellendes Nasenspray, Fiebersenker und Schmerzmittel wie Paracetamol oder Ibuprofen. Gegen die Halsschmerzen helfen feuchte Wickel, je nach Belieben warm oder kühl. Wenn die Mandeln sehr stark geschwollen sind und die Atemwege einengen, kann mit Glukokortikoiden wie Prednison ein Abschwellen bewirkt werden.

Bei einer bakteriellen Mandelentzündung werden zusätzlich Antibiotika gegeben, das Mittel der ersten Wahl ist das Penicillin, weil es auch gegen die Gruppe-A-Streptokokken, die schwere Folgeerkrankungen verursachen können, wirkt. Für Kinder, die mit geschwollenen Tonsillen nicht gut schlucken können, bietet sich die Darreichungsform als Saft an. Ältere können meistens trotzdem Tabletten hinunterschlucken. Nach den derzeitigen Leitlinien wird eine Therapiedauer von sieben Tagen empfohlen, manche Fachliteratur schlägt eine Dauer von zehn Tagen vor. Bei Penicillin-Allergie kann alternativ Erythromycin für fünf bis zehn Tage angewendet werden.

Wenn sich 48 Stunden nach Beginn der Antibiotika-Therapie keine Besserung eingestellt hat, sollte der Arzt erneut aufgesucht werden. Häufig liegt begleitend zur bakteriellen Mandelentzündung auch eine virale Infektion vor, gegen die Antibiotika nicht wirken. Allerdings könnte auch die Diagnose fehlerhaft sein oder die Bakterien könnten eine Resistenz gegen das Antibiotikum aufweisen. Bei Therapieversagen von Penicillin kann ein Cephalosporin der ersten Generation, zum Beispiel Cefadroxil, verordnet werden.
Bei häufig wiederkehrenden Tonsillitiden kann die vollständige oder teilweise Entfernung der Mandeln erwogen werden.

Welche Folgen kann eine bakterielle Angina haben?

Bei jeder bakteriellen Mandelentzündung besteht das Risiko eines Peritonsillar-Abszesses. Zwischen der Mandel und ihrer Kapsel sammeln sich Bakterien, Immunzellen und Eiter an. Der Abszess kann sich auf umliegendes Gewebe ausdehnen und eine Kiefersperre verursachen.
Die Gruppe-A-Streptokokken-Angina kann zu Immunreaktionen führen, die dem eigenen Körper schaden. Dazu zählen das rheumatische Fieber, das etwa drei Wochen nach der Angina auftritt, eine Endokarditis (Entzündung der Herzinnenwand), die Poststreptokokken-Arthritis, die akute Poststreptokokken-Glomerulonephritis (APSGN, eine Nierenerkrankung) sowie die Chorea minor Sydenham (Bewegungsstörung mit Ungeschicklichkeit, außerdem Unruhe, Ängstlichkeit und Stimmungsschwankungen). Die APSGN kann ein akutes Nierenversagen zur Folge haben, das bei Kindern in der Regel folgenlos ausheilt. Bei Erwachsenen bleibt die Nierenfunktion in etwa der Hälfte der Fälle lebenslang eingeschränkt. Durch die Gabe von Antibiotika werden all diese immunologisch bedingten Folgen verhindert.

Die bakterielle Angina sollte mit Antibiotika behandelt werden. Um nicht unnötig mit Antibiotika zu therapieren, erfolgt je nach Wahrscheinlichkeit einer bakteriellen Mandelentzündung ein Abstrich für Schnelltest oder Kultur. Die gefürchteten Folgen einer Streptokokken-Tonsillitis sind in Deutschland sehr selten geworden, da die antibiotische Therapie diese Folgen verhindern kann.

Quellen:

MIAMED Amboss Klinik Arzt-Modus (kostenpflichtiger Arzt-Zugang). Stichworte: Centor-Score, McIsaac-Score, Angina tonsillaris, Streptokokken, APSGN, rheumatisches Fieber, Chorea minor Sydenham; zuletzt aufgerufen am 26.02.19

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