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Angina: Was die Zunge verrät

Die Angina tonsillaris ist eine Erkrankung der Gaumenmandeln. Im Rahmen einer Angina zeigt die Zunge sich oft belegt. Andere Veränderungen wie geschwollene Zungenpapillen, Plaques, Flecken oder eine starke Schwellung der Zunge können auf Sonderformen der Angina tonsillaris hinweisen. Hier erfahren Sie mehr über Zungenveränderungen bei Scharlach und Angina Ludovici!

Angina: veränderte Zunge

  • weißlich belegte Zunge: Angina tonsillaris oder Vorläuferstadium von Scharlach
  • weiße Himbeerzunge: Vorläuferstadium von Scharlach
  • rote Himbeerzunge: akute Scharlach-Erkrankung
  • extrem geschwollene Zunge: Angina Ludovici
  • grau-weißlich spiegelnde Plaques und dunkelrote Flecken auf der Zunge und im Bereich der Mundschleimhaut: Angina specifica (Sonderform der Syphilis)

Scharlach nach primärer Streptokokken-Angina

Streptokokken der Lancefield-Gruppe A wie Streptococcus pyogenes zählen zu den häufigsten Verursachern von bakteriellen Infektionen in Deutschland. Schätzungsweise sollen diese Streptokokken für rund fünf Prozent der Arztbesuche in Deutschland verantwortlich sein und jährlich zwischen einer und anderthalb Millionen Fälle einer Tonsillopharyngitis verursachen. Ausgehend von der Tonsillopharyngitis, einer Entzündung der Gaumenmandeln und des Rachens, kann sich Scharlach entwickeln, wenn die Streptokokken über die Fähigkeit verfügen, pyrogene Exotoxine zu bilden. Pyrogen bedeutet “Fieber verursachend” und bei Exotoxinen handelt es sich um “giftige Ausscheidungsprodukte”.

Damit eine Streptokokke einen solchen Stoff produzieren kann, muss sie von einem bestimmten Bakteriophagen, einem Bakterien befallenden Virus, infiziert worden sein. Von diesen Exotoxinen gibt es mindestens vier verschiedene und sie stellen sogenannte Superantigene dar, die einen wahren Sturm an Entzündungsbotenstoffen im Körper auslösen. Im Rahmen der Verlaufsform des toxischen Scharlachs führt diese massive Freisetzung von Entzündungsbotenstoffen zu einem lebensbedrohlichen Krankheitsbild mit Herz-Kreislauf-Versagen. Da erst nach der Scharlach-Erkrankung eine Immunität gegen das Exotoxin besteht, kann man viermal an Scharlach erkranken.

Bild: Shuttertsock.com/George Rudy

Zungenveränderungen bei Scharlach

Das Vorläuferstadium des Scharlachs kommt einer Angina tonsillaris gleich: Urplötzlich tritt hohes Fieber zusammen mit Schüttelfrost, schnellem Puls (Tachykardie) und deutlichem Krankheitsgefühl auf. Kopfschmerzen und Erbrechen, Halsschmerzen, Schluckbeschwerden und geschwollene Halslymphknoten kommen oft dazu.

Die Zunge kann in diesem Stadium bereits verraten, dass eine Scharlach-Erkrankung sich innerhalb der nächsten 48 Stunden ausbilden wird: Zunächst ist bei Angina die Zunge gräulich-weißlich belegt. Durch die geschwollenen Papillen der Zunge erinnert das Bild an eine weiße Erdbeere oder Himbeere, weshalb dieses Symptom auch als “weiße Himbeer- oder Erdbeerzunge” bezeichnet wird.

Nach Ausbruch des Scharlachs wird die Zunge bei Fortbestehen der geschwollenen Papillen hochrot, sodass von einer “roten Himbeer- oder Erdbeerzunge” gesprochen wird. Zeitgleich tritt der typische Ausschlag der Scharlach-Erkrankung auf: Die Wangen sind rot, das Munddreieck weiß, auf dem weichen Gaumen befinden sich rote Flecken. Zusätzlich breitet sich über Kopf, Hals, Stamm, Arme und Beine ein feinfleckiger, roter Hautausschlag aus, der in den Gelenkbeugen und in den Leisten am stärksten ausgeprägt ist. Der Ausschlag juckt nicht und fühlt sich samtig oder sandpapierartig an. Gemeinsam mit dem Ausschlag verschwinden auch die Zungenveränderungen wieder.

Um Folgeerkrankungen zu vermeiden und die Ansteckungsgefahr zu verringern, sollte Scharlach immer mit einem Antibiotikum behandelt werden. Die erste Wahl ist Penicillin V, das sieben Tage lang eingenommen werden sollte. Bereits 24 Stunden nach Beginn der antibiotischen Therapie sind Betroffene nicht mehr ansteckend. Ansonsten ist eine Ansteckung 21 Tage lang möglich!

Angina Ludovici – Zunge mit Bewegungseinschränkung

Bei der Angina Ludovici handelt es sich um eine Mundbodenphlegmone und im Gegensatz zur “klassischen Angina” sind die Gaumenmandeln nicht betroffen. Meist handelt es sich um eine Erkrankung, die auf eine Infektion der oberen Atemwege oder auf Karies folgt. Betroffene leiden an Schluckbeschwerden und Kieferklemme. Die Zunge ist geschwollen und in ihrer Bewegungsfähigkeit so stark eingeschränkt, dass Sprechstörungen resultieren. Begleitend bestehen Fieber und ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl. Aufgrund der Schwere der Beschwerden und der Gefahr, dass sich ein Abszess im Bereich des Mundbodens entwickelt, müssen Erkrankte im Krankenhaus behandelt werden und zu Beginn eine hochdosierte Antibiotika-Therapie in die Vene verabreicht bekommen. Da die Schluckbeschwerden so ausgeprägt sein können, dass Essen und Trinken nicht mehr möglich sind, kann die Infusion von Flüssigkeit und die künstliche Ernährung über die Vene notwendig werden.

Im Verlauf kann die antibiotische Behandlung oralisiert, also auf Saft, Tabletten oder Tropfen umgestellt werden. Mundhygiene ist im Rahmen der Behandlung sehr wichtig. Schmerzen sollten mit Medikamenten und durch Kühlen reduziert werden. Unbehandelt kann die Schwellung der Zunge zum Erstickungstod führen.

Während der Scharlach eine Kinderkrankheit ist, die seit der Erfindung des Penicillins ihren Schrecken verloren hat, kann eine Angina Ludovici bei extremer Schwellung der Zunge lebensgefährlich werden. Gerade bei Kindern ist der Mundraum noch kleiner und die Gaumenmandeln auch im gesunden Zustand größer, sodass bei starker Schwellung Erstickungsgefahr droht!

Quellen:

MIAMED Amboss Klinik Arzt-Modus (kostenpflichtiger Arzt-Zugang). Stichworte: Scharlach, Gruppe A Streptokokken, Angina tonsillaris, Sonderformen der Angina; zuletzt aufgerufen am 20.02.19

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