Aktuell sind alle Ärzte ausgelastet

Poliovirus: Ist die Impfung gefaehrlich?

Die durch das Poliovirus ausgelöste Kinderlähmung (Poliomyelitis) war über Jahrhunderte gefürchtet, da sie zu nicht heilbaren Lähmungen führt, die auch die Atemmuskulatur betreffen kann. Verzweifelte Eltern übergaben ihre Kinder den Ärzten, die sie in Eiserne Lungen steckten. Diese Maschinen übernahmen die muskuläre Atemarbeit und hielten die Kinder am Leben. Heutzutage ist die Krankheit dank weltweiter Impfungen selten geworden. In einigen Gebieten in Afrika und Asien kommt es dennoch zu Polio-Erkrankungen. Endemiegebiete sind Pakistan und Afghanistan. Durch Reisende kann das Poliovirus importiert werden und zu Ausbrüchen in Ländern mit niedriger Impfquote führen. 2010 gab es sogar einige Fälle in Europa. Warum es wichtig ist, jeden gegen das Poliovirus zu impfen, erfahren Sie im Folgenden!

poliovirus

Was ist Poliomyelitis und welche Symptome treten auf?

Poliomyelitis betraf früher hauptsächlich Kleinkinder und wird darum auch als “Kinderlähmung” bezeichnet. Heutzutage ist die Erkrankung selten geworden, kann aber auch ältere Kinder und junge Erwachsene betreffen. Die Erkrankung kann sich in vier verschiedenen Erscheinungsformen manifestieren. 90 % zeigen überhaupt keine Symptome. Wird die Polio-Erkrankung manifest, verläuft sie zumeist grippeähnlich (abortive Form). Nur in ein bis zwei Prozent der Fälle wird das Rückenmark und/oder der Hirnstamm vom Virus befallen, wodurch die Lähmungen verursacht werden. Bislang ist keine Therapie verfügbar und die Lähmungen bilden sich nur teilweise über Jahre hinweg zurück. Möglich ist bloß die Symptomkontrolle mittels Schmerztherapie und langfristige Physiotherapie sowie orthopädische Versorgung zur Beeinflussung der Prognose. Die beste “Therapie” ist es, sich mittels Impfung vor der Erkrankung zu schützen.

Abortive Poliomyelitis (keine Beteiligung des zentralen Nervensystems)

In vier bis acht Prozent der Fälle zeigt sich die Polio-Erkrankung ähnlich wie ein grippaler Infekt mit Fieber, Hals-, Kopf- und Muskelschmerzen sowie Durchfall, Übelkeit und Erbrechen. Mit Symptombeginn ist etwa eine Woche nach der Infektion zu rechnen. Innerhalb von zwei Wochen heilt die Erkrankung entweder folgenlos aus oder geht in eine Polio-Erkrankung mit Befall des zentralen Nervensystems über.

Nicht-paralytische Poliomyelitis: Aseptische Meningitis

Meningitis ist der Fachbegriff für eine Hirnhautentzündung. Drei bis sieben Tage nach einer abortiven Poliomyelitis präsentiert sich die Meningitis mit Fieber und Nackensteifigkeit. Ganz typisch für diese Polio-Erkrankung ist das Head-Drop-Zeichen: Beim Aufsetzen fällt der Kopf zurück. Lähmungen treten nicht auf. Betroffene sollten strenge Bettruhe einhalten, um ihr Risiko für Lähmungen gering zu halten.

Paralytische Poliomyelitis

Zur klassischen “Kinderlähmung” kommt es nur in 0,1 bis 1 % der Fälle. Sie schließt sich an die aseptische Meningitis an. Nach kurzer Besserung steigt das Fieber erneut an und starke Schmerzen im Rücken, in den Muskeln und im Nacken treten auf. Innerhalb von Stunden bis Tagen kommen schlaffe, asymmetrisch verteilte Lähmungen hinzu. Bei diesem Verlauf ist Bettruhe enorm wichtig, da jede körperliche Anstrengung das Risiko für weitere Lähmungen erhöht! Am häufigsten sind die Beine von Lähmungen betroffen. Bei Befall des Zwerchfells kann es zur Atemlähmung kommen. Seltener ist der Hirnstamm betroffen (bulbäre Form), was sich durch Schluckstörung, Atemstörung und Fehlregulation der Kreislauffunktion bemerkbar macht. Die bulbäre Form endet oft tödlich.

Was ist das Post-Polio-Syndrom?

Nach einer durchgemachten Polio-Erkrankung entwickelt die Hälfte der Betroffenen zehn bis 30 Jahre später ein Post-Polio-Syndrom mit schneller Ermüdbarkeit, Schwäche und Schmerzen der Muskeln. Der Schweregrad ist individuell verschieden. Bislang ist noch unklar, wie es genau dazu kommt. Einer Theorie zufolge erschöpfen und verschleißen die gesunden motorischen Nervenzellen, die nach der Infektion übriggeblieben sind, weil sie über Jahre und Jahrzehnte versuchen, den Ausfall der zerstörten Nervenzellen zu kompensieren.

Was ist das Poliovirus und ist es ansteckend?

Das Poliovirus gehört zu den Enteroviren und RNA-Viren. Es befällt ausschließlich den Menschen. Verbreitet wird es fäkal-oral als Schmierinfektion durch ungenügende Toilettenhygiene. Da es sich im Darm vermehrt und mit dem Stuhl ausgeschieden wird, kann es (vor allem in Entwicklungsländern) zur Kontamination des Trinkwassers kommen. Seltener findet eine Ansteckung als Tröpfcheninfektion durch kontaminiertes Sekret aus dem Rachen statt. Bis zum Ausbruch der Erkrankung können drei bis 35 Tage vergehen. In diesem Zeitraum wird das Virus jedoch bereits mit dem Stuhl ausgeschieden. Nach der Aufnahme der Viren im Darm gelangen sie in die Blutbahn und können von dort aus das Rückenmark befallen.

Ist die Polio-Impfung gefährlich?

Da es drei Serotypen des Poliovirus gibt, schützt eine durchgemachte Infektion nicht davor, erneut infiziert zu werden! Daher ist die Impfung allen im Rahmen der Grundimmunisierung im ersten Lebensjahr zu empfehlen. Eine Auffrischung ist einmal im Alter zwischen neun und 16 Jahren notwendig. Wer beruflich oder durch Reisen mit dem Poliovirus in Kontakt kommen könnte, sollte alle zehn Jahre seine Impfung auffrischen lassen. Die Impfung erfolgt mit einem Totimpfstoff: Die Virusbestandteile, die zur Ausbildung schützender Antikörper führen, sind also völlig ungefährlich.

Fazit:

Impfungen haben in der Menschheitsgeschichte bereits dafür gesorgt, dass die Welt seit 1980 laut WHO (World Health Organisation) frei von Pocken (“Blattern”) ist. Da der Mensch der einzige Wirt für die Polioviren ist, kann das Virus gleichsam ausgerottet werden. Dazu ist es unbedingt notwendig, dass so viele Menschen wie möglich die Polio-Impfung erhalten. Nicht nur für die Menschheit, sondern auch für die Einzelperson ist die Impfung immens wichtig, da es keine Therapie für die gegebenenfalls tödlich verlaufende Poliomyelitis gibt.

Quellen:

MIAMED Amboss: Bibliothek für Ärzte (kostenpflichtiger Arzt-Zugang). Stichworte: Poliomyelitis, Poliovirus; zuletzt aufgerufen am 04.12.18

https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Poliomyelitis.html; zuletzt aufgerufen am 04.12.18

Bild: Shutterstock/Kateryna Kon

0 0 votes
Article Rating
Subscribe
Notify of
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments
Wichtig: Ab dem 6. Dezember stellen wir unseren Hausbesuchsservice ein. Bei offenen Fragen melden Sie sich bitte bei [email protected]. Bitte melden Sie sich in dringenden medizinischen Notfällen bei der 116117 oder bei der 112.
customer-support Vielen Dank

Wir haben Ihre Terminanfrage erhalten.
Wir rufen Sie umgehend zurück, um Ihren Termin zu bestätigen.

Bei weiteren Fragen erreichen Sie uns telefonisch unter

...

0
Would love your thoughts, please comment.x
()
x